Erzbischof Dr. Robert Zollitsch feierte seinen 75. Geburtstag
Am Freitag, dem 9. August 2013 feierte Dr. Robert Zollitsch, Erzbischof von Freiburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, mit vielen Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft seinen 75. Geburtstag. Die Einladung erfolgte durch die Deutsche Bischofskonferenz. Bei der festlichen Matinee im Freiburger Konzerthaus erklärte Dompropst Weihbischof Dr. Bernd Uhl bei der Begrüßung der 400 geladenen Gäste, es gebe im Leben „unvermeidbare Tage“, so geschehe es auch einem Erzbischof, ob er wolle oder nicht. Unter den Gästen fanden sich der Apostolische Nuntius Jean-Claude Périsset, Kardinal Rainer Maria Woelki von Berlin, der Bischof von Subotica János Pénzes (Batschka), der Bischof von Groß-Betschkerek/Zrenjanin Ladislaus Németh (Serbisches Banat), der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, der griechisch-orthodoxe Erzbischof Augoustinos und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück und nicht zuletzt der aus Baden stammende Finanzminister Wolfgang Schäuble sowie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Aus dem Vatikan waren der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper und Kurienerzbischof Georg Gänswein, der vormalige Sekretär Benedikts XVI., angereist.
Die Festrede hielt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Sie war dem Thema Europa gewidmet. Schäuble sprach sich gegen die Europamüdigkeit aus. Die Einigung des Kontinents sei Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben, das beweise auch die Bemühung Serbiens – woher der Jubilar stammt - und Kosovos, wo sie der EU beitreten wollen, zu einem gegenseitigen friedlichen Übereinkommen zu gelangen.
Nur ein vereintes Europa könne seine Ideen und Werte kraftvoll in die weltweiten Diskussionen einbringen. Zusammen mit den USA demonstriere es die Überlegenheit des marktwirtschaftlichen Systems. Das Erfolgsmodell heiße soziale Marktwirtschaft. Sie sei auch dann noch funktionsfähig, wenn nicht alle eine volle Leistung erbringen und viele keine hohe Moral besitzen. Sie basiere auf der Überzeugung, dass der Mensch unvollkommen ist, dass er auf Bindungen angelegt ist, daher der Regeln des Zusammenlebens bedarf, dass die Freiheit auf Verantwortung angelegt ist, vor allem auf Verantwortung für die Welt als ganze. Zu solchen Werteinstellungen kämen Werte wie Mäßigkeit, um die Änderungen Schritt für Schritt zu vollziehen, die Fähigkeit zur Balance, der Respekt vor der Vergangenheit bei Blick in die Zukunft, Wertbindung mit Blick auf Bleibendes. Auf diese Weise sei Demokratie mit dem notwendigen Leben zu erfüllen.
Historisch gesehen habe die Einheit Europas christliche Wurzeln, wenn man an die Gründerväter Schuman, Adenauer und de Gasperi denke. Kirche und Staat sind in Europa formell getrennt, sie sind aber in den meisten Ländern in freundschaftlicher Form aufeinander bezogen. Wenn der Kontinent an dem durch das Christentum wesentlich geprägten Menschenbild festhalte, sei ihm "um Europa nicht bange", so Schäuble.
Moderator der festlichen Matinee war der vom Fernsehen her wohlbekannte Frank Elstner. Er holte Menschen, die eine wichtige Rolle im privaten und beruflichen Leben des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz spielen, auf die Bühne. Bei seinen Gesprächen mit Zollitschs Weggefährten würdigte ZdK-Präsident Alois Glück den Erzbischof als einen Optimisten, der keine Denkverbote und Tabus kenne. Er strahle Urvertrauen und Gottvertrauen aus. Er hat den Mut, sich auf den Weg zu machen. „Er ist immer offen und konstruktiv, und das schafft eine neue Gesprächskultur in der Kirche“. Zollitschs Stellvertreter als Bischofskonferenz-Vorsitzender, der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle, lobte seine Sachlichkeit, wenn Fragen anstehen. Er fahre nach Rom, um zu fragen, wie die Sache gemeint sei. Das erleichtere die „Streitkultur“. Er nannte ihn einen „erdverbundenen Menschen“ mit einem leisen hintergründigen Humor. Als gewachsener Badenser pflege er die Sitzungen mit einem Gläschen badischen Weines ausklingen zu lassen.
EKD-Ratschef Schneider wünschte dem Erzbischof, auch im weiteren Leben im Glauben getragen zu sein. Zollitschs Neffe Wolf Zollitsch dankte seinem Onkel dafür, dass er ihm beigestanden sei bei seiner akademischen Ausbildung. In den vergangenen Jahren – so meinte er schmunzelnd – habe er wegen des Bekanntheitsgrads seines Onkels seinen Nachnamen immer seltener buchstabieren müssen.
Zwischendurch gab es einen aussagekräftigen Kurzfilm über Leben und Wirken des Jubilars
Der Jubilar selbst bedankte sich über das Wohlwollen, dass ihm auch bei der Lektüre der Post der vergangenen Tage entgegenschlagen sei. Dass er sich von so vielen getragen fühle, sei „das Geschenk des Tages“. Auf die Frage Elstners, was er sich wünsche, meinte Zollitsch, er wünsche sich, weiter vom Glauben getragen zu werden, Klärungen herbeiführen zu können und dass ihm weiter sein Dienst gelinge. Er versteht sich auch als Brückenbauer in Richtung alte Heimat. Als Geburtstagsbitte hatte Zollitsch in die Einladung geschrieben: „Unterstützen Sie mit Ihrer Spende die Initiative Glaube-Erinnerung-Zukunft. Sie errichtet in meinem serbischen Geburtsort eine Begegnungsstätte junger Menschen, um den Weg für eine internationale Gesinnung und ein friedfertiges Europa im Geist des Evangeliums zu bereiten.“
Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper, der frühere Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, sprach in seiner Predigt beim Festgottesdienst am Nachmittag im überfüllten Freiburger Münster von neuen Herausforderungen für die katholische Kirche. Es gehe heute nicht nur um materielle Armut, sondern auch um Einsamkeit und Isolation, „um innere Leere bis zur inneren Verwahrlosung“, sagte Kasper. Papst Franziskus zeige durch sein zeichenhaftes Verhalten, dass die Kirche an die äußersten Ränder menschlicher Existenz gehen müsse. Zollitsch verstehe dies in der Wohlstandsgesellschaft als „klare Option für die Menschen“ auch in seelischer Hinsicht. Die Kirche müsse hinhören und zuhören, „eine barmherzige Kirche“ sein. Das Pontifikalamt bildete ein homogenes Ganzes von Volksgesang, „Krönungsmesse“ von W. A. Mozart und tiefempfundener Mitfeier des Volkes.
Der Tag endete mit einem großen öffentlichen Fest im Garten des Priesterseminars „Borromäum“. Hier gratulierte auf der provisorischen Bühne auch Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann Erzbischof Zollitsch und lobte die gute Zusammenarbeit mit ihm. Es folgte ein Liederkranz, gesungen vom Diözesanchor und hierauf trugen zwei donauschwäbische Tanzgruppen ihre Volkstänze vor, wie es sich Erzbischof Zollitsch gewünscht hatte. Die organisatorische Bereitstellung der mit viel Applaus bedachten Gruppen erfolgte durch die unmittelbaren Landsleute Zollitschs, nämlich Agnes und Adam Kupferschmidt. Zollitsch dankte seinen Landsleuten und genoss dann das „Bad in der Menge“, das er sich gewünscht hatte. Etwa 20 seiner Filipowaer Landsleute machten ihre Aufwartung.
Die Feier endete um 20.00 Uhr mit einem gesungenen und gebeteten Abendlob in der Kirche des Collegium Borromäum.
Zollitsch wurde 2008 überraschend für die deutsche Öffentlichkeit, aber nicht völlig überraschend für die Donauschwaben aus dem vormaligen Jugoslawien zum Nachfolger des Mainzer Bischofs Karl Kardinal Lehmann gewählt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat die Skeptiker überrascht. Längst ist er nicht nur in seiner Freiburger Heimatdiözese wegen seiner offenen theologischen Positionen und seiner Nähe zu den Menschen beliebt. Zollitsch war Personalreferent der Erzdiözese Freiburg, nach Köln zweitgrößten deutschen Diözese. Bei seiner Ernennung 2003 zum Erzbischof von Freiburg wählte er zu seinem Wahlspruch "In der Gemeinschaft des Glaubens" (lateinisch: In fidei communione). Unter dieses Leitwort hat Erzbischof Zollitsch seinen bischöflichen Dienst gestellt. An diesem Wort richtet er sein Wirken aus, unter diesem Leitwort sollte auch gemeinsam gefeiert werden.
Die Kirchenzeitung der Diözese Linz schreibt in ihrer Nummer vom 15. August 2013 unter dem Titel: Beharrlicher Anwalt der Reformen: „Am Freitag vergangener Woche feierte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Diözesanbischof Robert Zollitsch, seinen 75. Geburtstag. Die Frage, die (sich) an diesem Tag niemand stellen wollte war, wann der Papst wohl seinen Rücktritt annehmen würde. Denn derzeit ist Zollitsch der unumstrittene Krisenmanager, der zwischen den „Fraktionen" der Bischofskonferenz das Gespräch am Laufen hält und der mit seiner Dialog-Initiative wenigstens den Versuch unternimmt, die nach jahrelanger Reform-Verweigerung, Großpfarrprojekten und Missbrauchsskandal frustrierte Kirchenbasis wieder ins Boot zu holen. Zollitsch, das Flüchtlingskind aus dem jugoslawischen Filipovo, der mitansehen musste, wie Tito-Partisanen das halbe Dorf und seinen Bruder erschossen, ist seit 2003 Bischof in Freiburg. 2008 wurde er nach dem Rücktritt von Karl Lehmann Vorsitzender der Bischofskonferenz. Seither ist er mit sachlicher Nüchternheit, aber beharrlich für einen neuen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, für ein neues Frauendiakonat, aber auch für eine gesellschaftlich engagiertere und kantigere Kirche eingetreten.“ (Anmerkung: Filipowa zählte 5.300 Einwohner. In der Nacht des 25. 11. 1944 wurden 212 Männer und Burschen von einem Partisanenkommando ermordet, unter ihnen der 16jährige Bruder Zollitschs. Dass „das halbe Dorf erschossen“ worden sei, stimmt so nicht. Der Ort verzeichnet 1181 Opfer der Verfolgung durch das Partisanenregime und die Russlanddeportation sowie 232 gefallene oder vermisste Soldaten.)
Mit seinem 75. Geburtstag hat Zollitsch bei Papst Franziskus um seine Emeritierung angesucht. Es wird allerdings damit gerechnet, dass sich der Papst damit bis zum Frühjahr 2014 Zeit lässt, wenn turnusmäßig die gegenwärtig 65 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz für sechs Jahre einen neuen Vorsitzenden wählen. Zollitsch versteht sich selbst als "konservativ im guten Sinne", wir in Österreich würden ihn als Mann der „offenen Mitte“ bezeichnen. Mit seinem badischen evangelischen Kollegen, Landesbischof Ulrich Fischer, verbindet ihn eine enge ökumenische Zusammenarbeit, die beispielhaft für ganz Deutschland ist. Für Zollitsch ist die evangelische Kirche sehr wohl Kirche, „aber eine andere“ als die katholische. Am 2. September wird der traditionelle Jahresempfang der katholischen Kirche in Berlin von der Diözese Freiburg ausgerichtet. Hier wird Zollitsch – in der heißen Phase des deutschen Wahlkampfs – zum Thema: „Glaube und Gerechtigkeit – Kirche vor der Wahl“ sprechen.
Erzbischof Dr. Robert Zollitsch und der Baden- Württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Generalvikar Dr. Keck.
Die Donauschwäbische Tanz- und Folkloregruppe aus Reutlingen.
Donauschwäbische Tanz-und Folkloregruppe. - Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, Dr. Georg Wildmann und der Obmann der ARGE Filipowa Adam Kupferschmidt.