Handarbeiten - Einblick in die geschichtliche Entwicklung
Beschäftigt man sich mit der Geschichte der Donauschwaben, stößt man unweigerlich auch auf ihr Lebensumfeld, sowohl zur Zeit der Einwanderung als auch bis in die Zeit der politisch bedingten Auswanderung in den Westen Europas am Ende des 20. Jahrhunderts.
Die Lebensbedingungen, unter denen die Einwanderer leben mussten, waren äußerst beschwerlich. Über 3 Generationen weg mussten die Menschen sich eine Lebensgrundlage schaffen, die durch Epidemien, Missernten und politische Verwirrungen immer wieder beeinträchtigt wurde.
Bei der ersten Einwanderungswelle zu Ende des 17. Jahrhunderts waren es die Bauern, die das sumpfige Land urbar machen sollten. Später kamen auch andere Handwerker wie Fleischer, Zimmerleute, Schmiede, Bäcker, Gärtner, Schlosser und Fischer ins Land.
In der Landesbeschreibung für die Anwerbung von Ansiedlern erwähnt der Präsident der Landesadministration, Gouverneurs Hamilton: „die Banater Tiefebene sei ein geeigneter Standort für allerlei Manufakturen für Textilien aus Wolle und Seide“. Für die Herstellung von textilen Gebrauchsgütern waren Gerber, Seiler, Schuster, Schneider, Binder, Färber und Weber ins Land geholt worden.
Die Seidenraupenzucht wurde von italienischen Einwanderern zu Beginn des 18.Jahrhunderts begonnen, nach dem Aussterben der italienischen Ansiedler übernahmen deutsche Ansiedler (besonders in Werschetz) die Produktion. Die Pflanzung von Maulbeerbäumen (bis 1736 war deren Anzahl auf 131.000 gestiegen) entlang der Straßen wurde gefördert. In Temeswar wurde die Seide in großen Manufakturen weiterverarbeitet. Die Seidenraupenzucht hielt sich bis ans Ende des 20.Jahrhunderts: Maulbeerbäume stehen immer noch an den Straßenrändern und in den Schulen wurden Seidenraupen von den Schülern betreut.
Die besondere Bodenbeschaffenheit des Banater Tieflandes ermöglichte die Kultivierung von Hanf und Flachs. Dieser stand im Monopol der kaiserlichen Kammer in Wien. In Temeswar wurde der Hanf zu Seilen verarbeitet und deckte den Gesamtbedarf des Landes ab. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Banat ein Hauptanbaugebiet von Hanf. In Hodschag (Batschka) entstand eine bedeutende Hanfindustrie. In der Folge entwickelte sich in den donauschwäbischen Gemeinden das Gewerbe des Webers. An den langen Winterabenden wurde das Rohmaterial von Lohnspinnerinnen versponnen. Aus langem Hanf wurden Leintücher, Hemden, Hosentücher (Tuch oder Zwillich) und Ausgangsstoffe für die Verarbeitung zu Handtüchern, Brottüchern, Wäsche, Säcke und Planen für die Landwirtschaft hergestellt. Für den Hausgebrauch stellte man Kopftücher, Schürzen, Untertüchli und Röcke(Schöße) her.
Die Verarbeitung von Leinen wurde schließlich durch den Anbau der Färberpflanze Indigo erweitert. Weber und Blaufärber schufen sich eine solide Lebensgrundlage und verhalfen zu gesellschaftlichen Spitzenpositionen.
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