Geschichte der Donauschwaben

Der Sieg in der Schlacht am Kahlenberg (1683) über das osmanische Heer bildete nicht nur den Beginn für die Befreiung Ungarns von der Türkenherrschaft, sondern auch für den politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes. Die Habsburger als seine legitimen Könige begannen, veranlasst durch die ungarischen Stände, schon zu Ende des 17. Jahrhunderts mit der Neubesiedlung der an der mittleren Donau gelegenen und während der 160jährigen Türkenherrschaft weithin verödeten und nur mehr dünn besiedelten Gebiete. Zum Kernstück dieses Wiederaufbaus wurde die unter Karl VI., Maria Theresia und Joseph II. im 18. Jahrhundert von den kaiserlichen Wiener Regierungsstellen planmäßig durchgeführte Ansiedlung von deutschen Bauern und Handwerkern sowie österreichischen und böhmischen Bergleuten.

Erste Siedler finden sich in der Schwäbischen Türkei 1687, im Schildgebirge 1691, im Ofner Bergland 1692, in Syrmien 1698, im Buchenwald (Bákony) 1702, in der Batschka 1702, in Sathmar 1712 und im Banat 1716.

In den donauschwäbischen Siedlungsgebieten mit ihren städtischen Zentren Ofen, Pest, Stuhlweißenburg, Fünfkirchen, Essegg, Subotica, Neusatz, Temeswar u. a. kam es verhältnismäßig rasch zu einem wirtschaftlichen Aufstieg und zur Umformung der bis dorthin vielfach versumpften oder bloß als Weideland dienenden Landstriche in Kulturlandschaften. Im Laufe des 18. Jahrhunderts gelangten über 150.000 Kolonisten aus deutschen und österreichischen Territorien in die Gebiete des damaligen historischen Ungarn. Ihnen ist es hauptsächlich zu verdanken, dass die pannonische Tief ebene im 19. Jahrhundert zur „Kornkammer der Donaumonarchie“ wurde.

Die Siedler stammten in ihrer überwiegenden Mehrzahl aus den südwestlichen deutschen Ländern: Rheinpfalz, Elsaß, Lothringen, Baden und Württemberg, in geringerer Zahl aber auch aus Bayern, Österreich und Böhmen. Sowohl die umwohnenden Madjaren als auch die Südslawen nannten sie von Anfang an „Schwaben“, obwohl nur ein Teil von ihnen aus dem heutigen Schwaben stammte. Allmählich ging diese Bezeichnung auch in den eigenen Sprachgebrauch über. Aber erst nach dem Ersten Weltkrieg wurden diese Schwaben – zur Unterscheidung von den Schwaben in Baden -Württemberg – zuerst von den Volkskundlern und Historikern und dann allgemein als DONAUSCHWABEN bezeichnet.

 

Von den beiden Weltkriegen bis Heute

Zu Ende des I. Weltkrieges verlor Ungarn durch das Friedensdiktat von Trianon (4. 6. 1920) zwei Drittel seines Staatsgebietes, und das ergab auch eine Dreiteilung der Donauschwaben. Rund 550.000 blieben bei Ungarn, 330.000 kamen zu Rumänien und 510.000 zu Jugoslawien.

Namentlich die in den Dörfern wohnenden Donauschwaben blieben ihrer Sprache, ihrem Brauchtum und ihrer aus der alten Heimat mitgebrachten Religion treu. Sie waren zu 80 Prozent katholisch und zu 20 evangelisch oder reformiert.

Der II. Weltkrieg wurde auch für die Donauschwaben zu einem Leidensweg. Nach der Zerteilung Jugoslawiens im Aprilkrieg 1941 und dem Beginn des Krieges mit der Sowjetunion wurden die donauschwäbischen Männer nicht nur in die nationalen, sondern auch – aufgrund von zwischenstaatlichen Verträgen – in deutsche Wehrverbände eingezogen. Das erforderte einen hohen Blutzoll.

Als Stalin deutsche Arbeitskräfte forderte, erfolgte ab Weihnachten l944 eine Zwangsdeportation von Donauschwaben in die UdSSR: aus Ungarn etwa 30.000, aus Rumänien 30-40.000 und aus Jugoslawien 12.000. Erst 1949 wurden die Letzten entlassen. Etwa 15.000 erlagen den Strapazen.

Die Regierung Rumäniens entzog 1945 den rund 300.000 nichtgeflüchteten Banater Schwaben bis 1949 praktisch alle staatsbürgerlichen Rechte und enteignete sie. Zudem deportierte sie eine große Anzahl 1951 – 1956 in die Baragan-Steppe, wo das harte Leben zu einer hohen Sterblichkeit führte. Die drohende Zwangsassimilation in eine „sozialistische Einheitsnation“ und die wirtschaftliche Not veranlasste die Banater Schwaben bis auf einen auf 40.000 Personen geschätzten Rest zur Umsiedlung nach Deutschland.

Ungarn erreichte 1945 auf der Potsdamer Konferenz der Siegermächte, dass es seine Schwaben nach Deutschland aussiedeln dürfe. 1946 und 1947 wurden 220.000 Ungarn deutsche de facto vertrieben. Ihr bewegliches und unbewegliches Vermögen wurde beschlagnahmt. Das gegenwärtige Ungarn bedauerte 1996 die Vertreibung, gewährte seinen Ethnien eine Selbstverwaltung und bot eine eher symbolische Entschädigung der Vermögensverluste.

Rund 195.000 Donauschwaben Jugoslawiens gerieten unter die Herrschaft der Partisanenbewegung Josip Broz Titos. Der „Antifaschistische Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ) erklärte die deutschen Bürger kollektiv zu Volksfeinden, entzog ihnen die staatsbürgerlichen Rechte und verfügte am 21. 11. 1944 ihre völlige Enteignung. Erschießungsaktionen sowie die Einweisung in acht Vernichtungs-/Konzentrationslager- und zahlreiche Arbeitslager forderten bis 1948 insgesamt 60.000 Zivilopfer – gemessen an der UN-Deklaration vom 9. Dez. 1948 ein Völkermord. Serbien, Kroatien und Slowenien entwickeln derzeit die Bereitschaft, die von den AVNOJ-Bestimmungen seinerzeit betroffene deutsche Volksgruppe in ihren Restitutionsprogrammen zu berücksichtigen.

Durch Flucht und Spätaussiedlung fanden rund 130.000 Donauschwaben in Österreich eine neue Heimat, etwa 40.000 von ihnen in Oberösterreich.  Ihre Landesverbände sind die Träger der Pflege des kulturellen und geistigen Erbes und ihrer Forderung nach moralischer und rechtlicher Wiedergutmachung. In Österreich ist die Stadt Wels Patenstadt der Heimatvertriebenen deutscher Muttersprache.