RUDOLFSGNAD im Zusammenhang mit Adam Müller - Guttenbrunn und seinem Roman " Glocken der Heimat"
Kaum ein Ort aus dem donauschwäbischen Raum wird - sowohl in der Presse als auch im persönlichen Gespräch – so oft erwähnt, wie Rudolfsgnad . Der Grund ist ein trauriger, wie wir alle wissen. Hier war das größte Vernichtungslager für die in der Heimat verbliebenen Deutschen. Für alle, die Rudolfsgnad nur aus der unmittelbaren traurigen Geschichte kennen, will ich versuchen, den Ort in einem anderen Zusammenhang vorzustellen.
Schon bei der Gründung der Sekundärgemeinde im Jahre 1866, im Perlaßer Ried, zwischen Theiß , Donau und Bega , gab es Schwierigkeiten mit den Behörden des 12. Deutsch-Banater Grenzregimentes, da das Riedland innerhalb der Militärgrenze lag. Auch die angrenzenden andersnationalen Gemeinden waren mit der Ortsgründung nicht einverstanden. Für sie war das sumpfige Riedland eine willkommenen Sommerweide für ihre Schafe und Kühe
Erst der „Allerhöchste Einspruch“ durch Kaiser Franz Josef I. ermöglichte die Gründung. Aus Dankbarkeit für diese Gnade erhielt der Ort den Namen Rudolfsgnad, zu Ehren des Kronprinzen Rudolf. Doch schon nach einem Jahr kam es zu der ersten Überschwemmung, durch die Theiß und die Donau, die sich viermal in der so jungen Geschichte der Gemeinde wiederholen sollte .
Auf die letzte große Überschwemmung im Jahre 1907, will ich im Folgenden eingehen, weil sie Anstoß war , für einen der eindruckvollsten donauschwäbischen Romane. Auch darin werden Erinnerungen geweckt , die zwar schmerzhaft waren, die Rudolfer aber nie verzweifeln ließen!!
„Das Schwabendorf lag still und friedlich in der warmen Aprilsonne . Alles war draußen in den Riedfeldern und in den Weingärten; die große Arbeit des Jahres hatte wieder begonnen, und sie war eine Lust nach dem langen Winter, der heuer von südlicher Harmlosigkeit gewesen und fast gar keine Beschwerden gebracht hatte .......... Österliche Auferstehung !“
Mit diesen Worten leitet unser großer Landsmann und Heimatdichter ADAM MÜLLER –GUTTENBRUNN , seinen uns allen bekannten Roman „Glocken der Heimat“, ein. Inspiriert dazu wurde er durch seine Eindrücke, die er während einer Schiffsreise von Wien nach Peterwardein erlangte. Anfang Juni 1907 entschloss er sich zu dieser, weil er meinte, --- „die Donau müsste oder sollte man kennen ........“. Anschaulich, mit Humor und einem Schuss Ironie, schildert er die einwöchige Reise in seinem Buch „ Deutsche Sorgen in Ungarn“ – „ Studien und Bekenntnisse“.
So erzählt er uns ganz zu Anfang , dass bei Überqueren der Grenze zu Ungarn, das Salz –Pfeffer dem Salz – Paprika, in der Kantine weichen musste .......... auf der Festung Komorn, ein Gefreiter nur neunzig deutsche Kommandoworte beherrschte und sie sich trotzdem gut verstanden hätten , weil sie ebensoviel Madjarisch konnten. Launig gibt er uns Einsicht in die Budapester „ Lästerallee“ dem Korso und ist in weiterer Folge zutiefst entsetzt über das trostlose Mohacs ........... dann endlich links Kulturland und Getreideschiffe auf dem Franzenskanal, der hier in die Donau mündet. Er kommt aus der Batschka. Näher rückt auch ein schmucker, schon recht ansehnlicher Marktfleck – Apatin –mit seinen weißgetünchten Häusern und roten Ziegeldächern .......... Wohlstand der fast ausschließlich hier wohnenden Schwaben ist sichtbar. .......... in der Ferne die Festung PETERWARDEIN – das österr.- ungarische Gibraltar.
Ich zitiere den Dichter: „ Von der oberen Festung Peterwardein hat man eine herrliche Aussicht über das Schlachtfeld des Prinzen Eugen und über Neusatz hinweg . Auch einen Ausblick bis an die Theißmündung, wo der Strom seine größte Breite erreicht . Der Wächter der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft, der auf dieser Hochwarte den Brückendienst versieht und jedes Schiff, das sich nähert, mit seiner Glocke und durch Hissung einer Flagge ankündigt, damit die Schiffsbrücke sich öffne und durchlasse, ---er zeigt uns die Richtung , wo Rudolfsgnad lag, das von der Donau kürzlich überflutete, blühende Schwabendorf . Die Häuser eingestürzt, das Vieh ertrunken, die Felder verschlammt. Das Elend sei namenlos. Und keine Hilfe ...... Es bleibe den viertausend Bettlern nichts als die Auswanderung, heißt es .– Auswandern? Die Schwaben? Einen zweihudertjährigen Besitz aufgeben? Warum nicht gar! Die werden ihre Heimat wieder aufbauen!“
Nach Wien zurückgekehrt, voller Eindrücke und einem großen Tatendrang, sinniert der Dichter.........“- Oh , das tut wohl – Rudolfsgnad .....Rudolfsgnad.....von Theiß und Donau bedroht ---- Kampf um die selbstgeschaffene Heimat ------
Ein herrlicher Stoff. Solch einsame Tage sind Empfängniszeit für die dichterische Phantasie!!“
Die Zuversicht und der Glaube des Dichters in die unbeugsame „ wackere Schwabenfaust“, erfüllte sich. Den Ablauf der Katastrophe, die immer wieder aufkeimenden Querelen von Seiten der andersnationalen Gemeinden, aber nicht zuletzt den unbeugsamen Willen und die Opferbereitschaft der „Rudolfer Riedwölfe„ – wie man sie bewundernd und anerkennend auch oft bezeichnete, schildert der Dichter akribisch und wuchtig.
Die Gemeinde löste sich für einen Sommer auf. Alle Arbeitsfähigen, ob arm oder reich, verdingten sich in den höhergelegenen Nachbargemeinden, Titel und Perles , als Knechte, Mägde und Schnitter.
Aus eigenem weiß ich, dass mein Großvater, samt Familie, vorübergehend in Perles und Etschka, sein und das seiner Familie Brot, als Schnitter verdiente. Ans Auswandern dachte er nicht, sondern war erst recht gewillt und entschlossen sein „Vätererbe mit den Fingern aus diesem Schlamm hervorzugraben“, wie dies der Dichter so trefflich ausdrückte.
Mit dem „ Schwabenlied, welches dem Dichter zufolge, beim Abschied in der Kirche gesungen wurde, ging mit ihm der sprichwörtliche Pegasus durch. Das Lied wurde nämlich zum ersten Mal 1910, auf dem „Zehnjährigen Stiftungsfest der Vereinigung deutscher Hochschüler aus Ungarn“, vom Chor des Wiener Akademischen Gesangvereines, vorgetragen.
Festredner war Adam Müller-Guttenbrunn, mit dem Thema: „Eine Vaterlandsrede“ und im Anschluss daran erklang das Schwabenlied aus dem Roman „Glocken der Heimat„ und wurde mit Jubel aufgenommen. Die Vertonung stammt von Adolf Kirchl und verlegt wurde es bei Adolf Rubitschek, Wien, Am Graben 14.
Das Lied passte einfach in unseren „Rudolfer Roman“, drückt es doch so viele Gefühle aus. Es paaren sich in ihm die Liebe zur neuen mit der Wehmut und Sehnsucht zu der alten Heimat. Wie heißt es doch in der letzten Strophe:
O Heimat, deutschen Schweißes Blüte,
Du Zeugin mancher herber Not,
Wir segnen Dich, auf dass Dich Gott behüte,
Wir stehn getreu zu Dir in Not und Tod.
Anmerkung des Verfassers Dr. Wenzel Schmidt, A-2540 Bad Vöslau, Badnerstraße 14: Im Roman verwendet der Dichter als Ortsname Karlsdorf anstelle Rudolfsgnad. Über den Grund rätselt man. Angeblich stand ihm Karl von Lothringen, der als kaiserlicher Feldherr 1683 Wien entsetzte näher, als Kronprinz Rudolf: