Aus der Frühgeschichte der donauschwäbischen Landsmannschaft in Oberösterreich

Verfasst von Oskar Feldtänzer, redigiert von Dr. Georg Wildmann

Die „Zentralberatungsstelle der Volksdeutschen“, Landesstelle Linz

Die von der Amerikanischen Militärregierung richtete unmittelbar nach Kriegsende in jedem Bezirk ein Information Centers für Displaced Persons (DPs) ein. Als DPs galten alle Personen, die nicht Deutsch als Muttersprache hatten. Sie waren durch die Kriegsereignisse und die Flucht in Österreich praktisch auf einem Zwischenaufenthalt. Sie wurden durch die Hilfsorganisationen UNNRA und IRO betreut, waren also auch bezüglich Verpflegung versorgt und konnten unverzüglich auswandern oder in ihre Heimat repatriiert werden. 1948 befanden sich nur mehr rund 19.000 von ihnen in Österreich. Die Volksdeutschen galten die erste Zeit als „Ex-Enemies“ (Ex-Feinde) und wurden von der UNNRA und der IRO nicht versorgt. Sie waren wie die einheimische Bevölkerung auf die österreichischen Lebensmittelkarten angewiesen.

Nach dem Übergang der Zuständigkeit für das Flüchtlingswesen auf die österreichische Regierung wurde in Oberösterreich die Abteilung Umsiedlung der Landesregierung (LR) unterstellt und die "Zentralberatungsstelle der Volksdeutschen" Landesstelle Linz (ZBST) geschaffen, die auch über ihre Bezirksstellen agierte. Die  Zentralberatungsstelle übte eine beratende Funktion für die zuständigen amtlichen Dienststellen aus und sollte ihre volksdeutschen Landsleute in den sie betreffenden sozialen und rechtlichen Belangen beraten. Ihre amtliche Fundierung erhielt sie auf  Grund der Erlasses des Bundesministeriums für Inneres vom 15.3.1949 und des Erlasses der Oberösterreichischen Landesregierung (OÖLR) vom 25.5.1949.

Die Funktionäre übten ihre Tätigkeit zunächst ehrenamtlich aus, erhielten aber  nach der Gewährung einer Subvention durch die Landesregierung eine bescheidene Aufwandsentschädigung.1  Das Statut der Landesstelle Oberösterreich der ZBST, deren Sitz sich in Linz zunächst in Seilerstätte 14 und später in der Goethestraße 53 befand, sah innerhalb ihrer Struktur die Bildung von Landsmannschaften vor, deren Dachorganisation sie war. Die Landsmannschaft der Donauschwaben konnte 14 Vertreter in den 26-köpfigen Landesausschuss, das oberste Organ der ZBST, delegieren. Als Vorsitzender der Landsmannschaft der Donauschwaben und als deren Geschäftsführer wirkte zuerst Matthias Giljum, ehemaliger Bundessekretär des Schwäbisch-deutschen Kulturbundes in Jugoslawien.

Da Matthias Giljum im September 1951 nach Brasilien auswanderte, legte er  am 2. September 1951 vor dem Landesausschuss und den Bezirksstellenleitern seine Stelle als Vorsitzender der Donauschwäbischen Landsmannschaft in der ZBST nieder. An seiner Stelle wurde als Vorsitzender  Dr. Fritz Klingler und als Geschäftsführer  Dr. Hans Moser gewählt.2

Am 2. Sept. 1951 fand zugleich die Gründung des "Schwabenverein - Hilfsverein der Donauschwaben in Oberösterreich" auf vereinsrechtlicher Grundlage statt, der aber nach einigen Jahren die Bezeichnung Donauschwäbische Landsmannschaft - Hilfsverein der Donauschwaben in Oberösterreich führte. Die Genehmigung zur Gründung des "Schwabenvereins" erfolgte unter durch die Sicherheitsdirektion für OÖ. unter Sid. Verf. Nr. 566/1-1951. Zum Obmann des  "Schwabenvereins" wurde Dr. Fritz Klingler und zum  Obmann-Stellvertreter Dr. Hans Moser gewählt, also die gleichen Personen wie bei der Donauschwäbischen Landsmannschaft der ZBST.3

"Der Aufgabenkreis der ZBST ist sowohl im genannten Erlass der OÖLR als auch im Statut der Zentralberatungsstelle, genehmigt in der Regierungssitzung der O.Ö. Landesregierung vom 6.3.1950, umrissen:

a) „das Amt der OÖLR in allen die Volksdeutschen betreffenden Fragen zu beraten und die OÖLR bei allen von ihr durchzuführenden Maßnahmen für Volksdeutsche zu unterstützen;

b) die Beratung, Betreuung und Unterstützung der volksdeutschen Heimatvertriebenen in allen ihren rechtlichen, kulturellen, religiösen, sozialen und wirtschaftlichen Belangen ..... wahrzunehmen".4  

Gemäß Erlass des Bundesministerium  für Inneres vom 28. Juni 1952 war am 31. März 1952 in der 6. Sitzung des Beirates für Flüchtlingsfragen die Umwandlung der "Zentralberatungsstelle der Volksdeutschen" in Wien in ein "Sekretariat des Beirates für Flüchtlingsfragen" beschlossen worden, "so dass die Agenden der Zentralberatungsstelle Wien ab 1.7.1952 restlos vom Sekretariat des Beirates für Flüchtlingsfragen besorgt werden".5   In Oberösterreich konnte die ZBST ihre Tätigkeit aber noch bis in die 60-iger Jahre fortsetzen, da die Subventionen der OÖLR ihr eine gewisse Eigenständigkeit und den Weiterbestand  ermöglichten.

Das Wirken der Donauschwäbischen Landsmannschaft im Rahmen der  Zentralberatungsstelle

Die Leitung Donauschwäbischen Landsmannschaft (DSLM) erkannte, dass die arbeitsrechtliche und staatsbürgerliche Gleichstellung sowie die Eingliederung in das Gemeinwesen ihres Aufnahmelandes nur zu erreichen war, wenn  die öffentliche Meinung für die Probleme und Anliegen der Heimatvertriebenen sensibilisiert und durch  ausreichende Information und Aufklärung ein Klima des Verständnisses und des Vertrauens zwischen den Einheimischen und den Heimatvertriebenen geschaffen wird. Um auf sich, ihre Lebensfragen und Anliegen aufmerksam zu machen, entschloss sich die DSLM einen Tag der Donauschwaben im August 1950 als Heimattreffen auf Bundesebene in Linz zu veranstalten. Die Organisation und die Werbung lag in den Händen von Matthias Giljum. Über 20.000 Donauschwaben aus ganz Österreich und der BRD waren nach Linz gekommen, um für ihre Anliegen bei dieser Kundgebung einzutreten. Nach dem von Prof. Haltmayer zelebrierten Gottesdienst sprachen auf der Kundgebung Spitzenvertreter der Donauschwaben aus Österreich Dr. Georg Goldschmidt und Dr. Fritz Klingler (Matthias Giljum hatte polizeiliches Redeverbot) und aus Deutschland Dr. Josef Trischler und Dr. Ludwig Leber. Dr. Stefan Krafts Ansprache musste leider wegen seiner Erkrankung entfallen.6

Am 11. -12. September 1954 fand in Linz der Tag der Heimatvertriebenen statt, der von den volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs (Donauschwaben, Sudetendeutsche, Siebenbürger Sachsen, Karpatendeutsche) gemeinsam getragen wurde.

Diese Demonstrationen, die die Forderungen der Vertriebenen nach rechtlicher Gleichstellung, für ihre volle sozialrechtliche und staatsbürgerliche Eingliederung in die österreichische Gesellschaft öffentlich herausstellten, verfehlten nicht den gewünschten Eindruck bei der einheimischen Bevölkerung hervorzurufen, so dass sich allmählich ein Gesinnungswandel vollzog, den auch die politisch Verantwortlichen nicht  mehr ignorieren konnten, und den Gesetzgeber veranlassten mit der sukzessiven Beschließung von Gleichstellungsgesetzen der öffentlichen Meinung Rechnung zu tragen. Symptomatisch dafür war auch der erste und zweite Hungerstreik des Herbert Cieslar im Volksgarten von Linz im  Jahre 1950  mit dem er mit Nachdruck für die Gleichberechtigung der Vertriebenen eintrat.

Die ZBST und die Landsmannschaft der Donauschwaben vernachlässigten in den frühen 50iger Jahren auch nicht die kulturellen Angelegenheiten. Am 30. und 31. August 1952 veranstaltete der Schwabenverein - Hilfsverein der Donauschwaben in O.Ö. zusammen mit dem Oberösterreichischen Künstlerbund eine großangelegte Gedenkfeier mit einem künstlerisch anspruchsvollen Festprogramm für den Schriftsteller, Theatermann und Kulturpolitiker Adam Müller-Guttenbrunn, der als junger Telegraphenbeamte von 1873 bis1879 in Linz, im Haus Klammstraße 6 seinen Wohnsitz hatte, an dem eine Gedenktafel enthüllt wurde. Die Linzer Presse nahm davon eingehend Notiz, so berichteten die Oberösterreichischen Nachrichten u.a.: "Dr. H. Moser  zeigte in seiner Rede die Stationen im Lebensweg des Dichters, vom jungen Schriftsteller zum Theaterdirektor, Kulturpolitiker, Ehrenbürger der Bundeshauptstadt und Vorkämpfer für den Anschluss des Burgenlandes an Österreich bis zum anerkannten Dichter seiner Banater Heimat und seiner Wahlheimat Österreich. Das Donauschwabenlied beschloss die Gedenkstunde. Im Rahmen einer Morgenfeier des darauffolgenden Tages in den Kammerspielen der Stadt  zeichneten der Schriftsteller und Biograph des Geehrten, Prof. Ernst Gruber, sowie Prof. H. W. Hockl ein anschauliches Bild von der geistigen Entwicklung des Banater Heimatdichters, vom Naturtalent, das seinen Weg vom Balbierlehrbuben zum Ehrendoktor der Wiener Universität genommen hat. In Linz entstand sein erster Roman und hier wurde auch sein erstes Theaterstück aufgeführt. Als Künstler und Politiker habe Müller-Gutttenbrunn zur geistigen Befreiung seines Volksstammes beigetragen. Im Namen des Bürgermeisters Dr. Koref überreichte Obermagistratsrat Dr. Kreczi hierauf Roderich Müller-Guttenbrunn, dem Sohn des Gefeierten, einen Kranz mit den Schleifen in den Farben der Stadt als Symbol der Verbundenheit von Linz mit dem Dichter und den Donauschwaben“.

 

 


1   Vgl. den Rechenschaftsbericht von Amtsrat Maximilian Kraus, Leiter der Abteilung für Umsiedlung der Oberösterreichischen Landesregierung, nach Auflösung obengenannter Abteilung: Das Flüchtlingsproblem in Oberösterreich (1945-1963), S. 58f., und Alice Ingrid Nargang, Die Flüchtlinge in Oberösterreich, ihre Lage und der Stand ihrer wirtschaftlichen Eingliederung", Dissertation an der Leopold-Franzens-Universität, Innsbruck, 1955, S. 40f.

2   Rundschreiben Nr. 12 der ZBST der Volksdeutschen - Donauschwäbische Landsmannschaft vom 17.9. 1951, Archiv ZBST Linz.

3   Rundschreiben Nr. 13 der ZBST der VD - Donauschw. Landsmannschaft vom 14.11.1951 Archiv der ZBST Linz

4   Archiv der ZBST,  Schreiben der ZBST Obr/M 853/63 vom 30. Mai 1963 an das Amt der OÖLR, Abteilung Umsiedlung, betr. Rechtlage der Zentralberatungsstelle der Volksdeutschen,

5   Archiv der ZBST Linz,  Mitteilung des Amtes der OÖLR, Ums.229871 /52/K/Md. vom 8.7.1952 an die ZBST Linz.

6   Matz Giljum, Donauschwaben einmal anders, maschinengeschriebener Lebensbericht des Verfassers, S. 322 f.