Eine lohnende Brasilienreise zur 40-Jahr Feier anno 1992 zu den Donauschwaben in Entre Rios.

Eindrücke von Eva Frach-Fischler

 

Einen langjährigen Wunsch, eine Reise nach Brasilien zu unternehmen, konnten wir erst nach der Pensionierung meines Mannes verwirklichen, denn ein Arbeitsjahresurlaub wäre für unser Vorhaben zu kurz gewesen.

Wir wählten für unsere Reise den Zeitraum vom 3. Jänner bis 16. Februar 1992. In dieser Zeit erreichten wir gleich zwei wichtige Ziele:

Das erste war das Kennenlernen der Familienangehörigen der vier Geschwister meiner Mutter, die schon im Jahr 1929 nach Brasilien (Sao Paulo) ausgewandert sind und von denen es bereits Nachkommen in dritter Generation gibt. Und natürlich wollten wir auch von dem schönen und großen Land Brasilien etwas sehen und den zu Hause Gebliebenen etwas mitbringen.

Das zweite und eigentliche Terminfernziel unserer Reise war das  40-Jahr-Jubiläum der Einwanderung der Donauschwaben aus Österreich in Entre Rios im Land Parana im Jahr 1951.

 

Die Reise führte uns von Braunau mit dem Flugzeug von München über Amsterdam direkt nach Sao Paulo, wo wir nach elf Stunden Flug vom tiefsten Winter mitten im Sommer bei 34 ° Celsius landeten. Das Lichtermeer dieser Zehnmillionenstadt, welches wir vom 10. Stockwerk des Hochhauses aus der Eigentumswohnung unserer Verwandten sahen, beeindruckte uns sehr. Die ersten Urlaubstage gehörten den Verwandtenbesuchen, wo wir wie guter Kuchen herumgereicht wurden. Einige von ihnen sprachen noch gut deutsch, viele aber nur die Landessprache Portugiesisch, hauptsächlich die dritte Generation. Es folgten Friedhofbesuche bei den vier verstorbenen Geschwistern meiner Mutter – zwei Brüder und zwei Schwestern mit den jeweiligen Ehegatten; sie sahen die alten Heimat India in Jugoslawien nicht mehr wieder.

Nun eine kleine Einführung: Unsere Verwandten Josef und Jeannette Maier hatten uns schon dreimal in Österreich besucht, im Zuge seiner Betriebsschulungen, wobei sie uns jedes Mal sehr herzlich einluden, nach Brasilien auf Urlaub zu kommen.

Josef Maier, Jahrgang 1933, ist schon in Brasilien geboren, er arbeitet seit der Betriebsgründung im Jahr 1957 bei der Firma Mercedes Benz in Sao Paulo und hat sich aus kleinen Anfängen bis zum Betriebsleiter der LKW-Montage emporgearbeitet, wo Anfang des Jahres 1992 der Millionste LKW vom Band ging. Ihm unterstehen 1200 Arbeiter. Als seine Eltern in jungen Jahren 1929 nach Brasilien auswanderten, mussten auch sie ganz klein als Handwerker oder Arbeiter ihr Brot verdienen, die Frauen und Mädchen neben der Hausarbeit und der Kindererziehung bei reichen portugiesischen Familien als Putzfrauen Geld dazuverdienen (arbeiten war noch nie eine Schande), so dass sie erst Mitte der dreißiger Jahre ans Hausbauen denken konnten. Sie hatten, wie wir auf alten Bildern sahen, das einzige Haus auf weiter Flur, weit weg war eine deutsche Schule.

Unter unseren Verwandten gibt es sowohl gut situierte als auch einfache Leute, die Nachkommen haben es durchwegs geschafft und gehören dem Mittelstand an. Jetzt klebt ein Haus an dem anderen. So sehen die Vorstädte von Sao Paulo aus, wie Sao Caetano, St. Bernhard, St. Andrä und wie sie alle heißen, dazwischen stehen auch riesige Wolkenkratzer. Sie nehmen überhand.

Wir machten einen Stadtbummel in Sao Paulo, den wir mit einer Fahrt in der Metro begannen, die sich sehen lassen kann: Die Innen- und Außenverkleidungen der Waggons sind aus Nickelstahl und in stabiler Bauweise gefertigt. Die Metro verkehrt im Minutentakt und ist in drei Etagen übereinander angelegt. Rolltreppen führen hinauf und hinunter über ein großzügig angelegtes Metrobahnhofsareal. Die Sauberkeit, die immer und überall besticht, kommt hier besonders gut zur Geltung. Auf allen Strecken herrscht Rauchverbot jeglicher Art, nicht einmal Fahrkarten gibt es zum Wegwerfen, sondern Karten wie beim Bankomat – so ist die Ordnung praktisch vorprogrammiert.

Ein Besuch im Dom Sao Paulo hingegen hinterließ nicht den erwarteten Eindruck. Die Größe allein konnte nicht wettmachen, was an Schönheit und Akustik fehlte; Granit und Marmor alleine sind denn doch zu wenig.

Auf dem Domplatz, der leider von allerlei Marktständen und verschiedenen Imbissständen übersät war, gab es Nüsse und Obst in reicher Auswahl. Aber sie verschandelten den Platz, wo sich die Abfälle auf dem Boden in der Fußgängerzone häuften.

Leider kamen wir auch um den erhofften Schaufensterbummel in Sao Paulo, denn nach Feierabend und sonntags werden alle Geschäfte mit Rollbalken dicht gemacht, was seine Gründ hat. Wir bummelten weiter ins Zentrum mit den vielen Hochhäusern, wo die Zentralen der großen Banken und Versicherungen stehen, deren Namen in großen Lettern an den Wänden prangen. Vom 41. Stockwerk des Hochhauses „Italia“ hatte man einen herrlichen Weitblick über Sao Paulo, die drittgrößte Stadt der Welt mit ihren 10 Millionen Einwohnern. Das Land Brasilien mit seinen 23 Bundesländern und 130 Millionen Einwohnern hat eine Länge von 10.000 km, wobei das Bundesland Sao Paolo mit seinen 35 Millionen Einwohnern eines der größten und dichtest besiedelten Gebiete und vor allem das größte Industriezentrum Brasiliens ist. Täglich strömen viele tausend Menschen aus dem Norden Brasiliens auf der Suche nach Arbeit und Wohlstand in die Städte, wo sie aber ohne Schul- und Berufsausbildung keine Chance auf Arbeitsplätze haben – so ist auch dieses Elend unausweichlich. Die Ein- und Ausfahrtsstraßen sind verunstaltet durch die Elendsviertel, die Favellas, wie diese Hütten de ärmsten Menschen genannt werden und die sich meist an Berghängen oder in Talniederungen befinden und bei schweren Regenfällen wie Zündholzschachteln in die Tiefe stürzen. Strom und Wasser gibt ihnen die Stadt, aber davon kann man nicht leben. Wenn schon einer mal Arbeit findet, wird meist als erstes ein Fernseher angeschafft, wo sich die Werbesendungen genau wie bei uns mit Angeboten überbieten und Wünsche nach dem Schönsten und Besten wecken. Bloß eines der wichtigsten Dinge fehlt dabei: dass man, bevor man sich eines dieser Produkte kaufen kann, erst mal fleißig arbeiten und sparsam wirtschaften muss, um sich im Lauf der Jahre all das auch leisten zu können – darüber schweigt das Fernsehen. Die Probleme werden täglich größer, auch die Kluft zwischen Arm und Reich.

Den Bedarf an Eisengitterstäben fanden wir enorm. So sind in den Vorstädten bei den vielen Einfamilienhäusern, die noch aus den dreißiger Jahren stammen, vor dem Haus oder der Länge nach hinten im Hof für ein oder mehrere Autos vergitterte Abstellplätze angelegt. Dieser Hof ist zur Straße hin mit überhohen Gitterstäben verschlossen und das ist auch notwendig. Dasselbe wiederholt sich an jedem Fenster und an der Haustür. Kurioserweise sah man oft, dass Auto nach Maß und nicht nach Wunsch gekauft wurden, so war manche Hausmauer nach innen und so manches kunstvoll geschmiedete Eisengittertor nach außen gewölbt, damit das Fahrzeug einbruchsicher abgestellt werden konnte. Wenn der Anlass nicht so traurig gewesen wäre, hätte man an dieser schönen Schmiedeeisenkunst direkt Gefallen finden können, aber die Diebstähle machen dies zur Notwendigkeit.

Die Stadt Sao Paulo liegt teils auf ebenem, Teils auf hügeligem Gebiet; hierzulande könnte man die oft steilen Straßenabschnitte im Winter nicht befahren. Der innere Stadtverkehr ist sehr flüssig, er wird durch viele Einbahnstraßen und entsprechend viele Ampel geregelt und verläuft sehr diszipliniert. Wir haben in den sechs Wochen nicht einen Unfall im Stadtbereich gesehen. Die Autos sind sehr gepflegt und in allen Preisklassen zu sehen. Getankt wird teils sogar Zuckerrohrsprit. Brasilien liegt laut Statistik an 9. Stelle bei den zugelassenen Fahrzeugen.

Schon am frühen Morgen fährt der Gasmann mit seinem Auto durch die Straßen, er macht mit einer ganz zarten und eigenwilligen Melodie auf sich aufmerksam. Es gibt kein Gasnetz, sondern nur verschieden große Gasbehälter, auch für Hochhäuser gilt dasselbe. Der täglich anfallende Müll wird jede Nacht abgeholt, frühmorgens werden die Gehsteige und die Höfe mit Wasser gesäubert – den Wasserverbrauch fanden wir ebenfalls enorm. Einkaufen für den täglichen Bedarf kann man rund um die Uhr, das gute zarte Weißbrot ist immer frisch zu haben.

Auf dem Markt gibt es täglich frisches Obst und Gemüse in reicher Auswahl, auch viele Sorten, die wir bis dahin nicht kannten. Die Preise sind im Vergleich zum Lohn sehr hoch, durch die extreme Inflation. Die Supermärkte bieten eine große Auswahl an Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen an, jedoch nicht in der Vielfalt wie bei uns. Wir sahen viele Weltmarken wie Suchard, Knorr, Melitta, Pampers, Omo,.... Ein Einkaufsbummel im Großkaufhaus Mappin war ein schönes Erlebnis, es blieben keine Wünsche offen.

Unterwegs zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten des Landes fuhren wir mit unseren Verwandten viele Kilometer im Auto, zum Glück mit Klimaanlage, denn es war Hochsommer in Brasilien, mit täglich mehr als 30°. Wir kamen durch eine bewaldete und sehr hügelige Landschaft mit sehr abwechslungsreicher Vegetation: Die Straßenränder waren mit tropisch anmutender Blütenpracht gesäumt, so waren es einmal weiße, dann gelbe Lilien, dann wieder Montbrezien und sehr oft das Fleißige Lieschen in allen Farbschattierungen. Wir sahen Farnkraut ohne Ende, Lampenputzergras, Binsen und alle möglichen Blütensorten, die uns völlig unbekannt waren. In den Wäldern gab es viele blühende Bäume, lila, weiß, gelb und als Kontras dazu die rote Erde.

In den Talniederungen beiderseits der Straßen gab es Bananenplantagen, wo uns unzählige Lastwagen voll mit diesen köstlichen Früchten begegnen. Auf den Hügeln hingegen wuchs der Tee. Es gab niedere Sorten, wie von Gärtnerhand gestutzt und hoch in Buschform. Wir zweigten auf eine Nebenstrecke ab und fuhren längere Zeit bergan, um die berühmte Tropfsteinhöhle „Caverna do Diabo“ – zu deutsch Teufelshöhle – zu besichtigen, die ihresgleichen sucht. Es führten viele Stufen hinein, Touristen aus vielen Ländern waren hier vertreten. Es war ein einmaliges Erlebnis!

In Curitiba, einer wunderschönen Stadt des ausgehenden 18. Jahrhunderts, übernachten wir zum ersten Mal in einem Hotel. Am Abend besuchten wir eine Surascaria, eine Grillstation, wo man für eine Mahlzeit bezahlte, aber so viel essen konnte, wie man wollte. Auch das muss man mal gesehen und miterlebt haben: Ein ganzer Straßenzug, wo eine Surascaria neben der anderen steht – riesige Säle, ganz urig eingerichtet, die Kellner angezogen in den verschiedenen bunten Landestrachten Brasiliens, mit Stiefel und Kappen, mit Schärpen und Kragen, mit Säbel und Knöpfen, je nach Landessitte.

Zu Beginn holt sich jeder Gast an einem reichhaltigen Buffet allerlei Salate, Gemüse, Reis und das zum brasilianischen Essen obligate schwarze Bohnengericht. Sodann wechselt ein flott durch den Saal schwebender Kellner nach dem anderen mit riesigen Spießen in der Hand, mit dem auf Holzkohle gegrillten Fleisch – so gehen sie von Tisch zu Tisch, und jeder Gast bekommt nach Wunsch von jeder Sorte so viel er will, wobei jede für sich ganz köstlich schmeckt – ob Wust, ob Fleisch vom Huhn vom Kalb, vom Lamm, Rind oder Schwein. Auch bei noch so gutem Vorsatz beim Betreten des Lokales, nicht mehr zu essen als normal, gesund und üblich ist, kommt man an so einem Abend ins Schlemmen, was man nicht für möglich halten sollte, ob all der guten Köstlichkeiten, die es da in Hülle und Fülle gibt, sodass man die letzen und teuersten und somit die allerbesten Fleischsorten gar nicht mehr kosten und konsumieren kann.

Tags darauf fuhren wir weiter. Rund 90 km westlich von Curitiba liegt an der Straße nach Ponta Grossa (180.000 Einwohner) die sogenannte Vila Velha (Alte Stadt), ein weiteres Areal mit eigenartigen Sandsteingebilden, die insgesamt einer Ruinenstadt ähnelte.

Einige Kilometer weiter befindet sich wieder eine Sehenswürdigkeit, wo man sie nie und nimmer erwartet hätte: Furnas – genau das Gegenteil der in den Himmel ragenden Sandsteine. Mit einer Seilbahn ging es 53 Meter in die Tiefe in einen sogenannten Brunnenschacht – auf eine Plattform über der Wasseroberfläche, von wo aus das Wasser nochmals in eine Tiefe von 54 Metern hinabreicht. Der Schacht selber weist aber nur einen Durchmesser von ca. 30 Metern auf. Das Ganze ist ziemlich unerklärlich. Angeblich hat vor Jahrtausenden ein Meteorit dieses 107 Meter tiefe Loch in den festen Felsboden geschlagen.

Weiter ging die Reise in Richtung Cataratas do Iguacu, zu deutsch Teufelsschlucht. Die Wasserfälle von Iguacu, 600 km von Cutitia entfernt, liegen im Dreiländereck Brasilien – Argentinien – Paraguay. Sie bestehen aus 275 Fällen, von denen rund 250 als klein bezeichnet werden. Die Fälle erreichen Höhen zwischen 55 und 73 Metern und stürzen sich auf einer Breite von fast vier Kilometern in zwei Stufen zwischen zum Teil dicht bewachsenen Melaphyfelsen in eine tiefe canonartige Schlucht, die nur bis zu knapp 100 Meter breit ist und Teufelsschlucht genannt wird.

Der Wasserführung nach gehören die Fälle zu den größten der Erde mit 140 bis 170 Millionen Kubikmeter Wasser pro Stunde. 15 km nördlich davon liegt der Staudamm von Itaipu, auch Singender Felsen genannt, der 29 Milliarden Kubikmeter Wasser des Rio Parana aufstaut und einen Stausee von 170 km Länge bildet. Unter den Wassermassen des künstlichen Sees liegen nun die Wasserfälle von Sete Oviedas, einst eine große Touristenattraktion.

18 Generatoren erzeugen 12.600 Megawatt (zwei Drittel des brasilianischen Strombedarfes), damit ist es das größte Wasserkraftwerk der Welt. Für den Bau dieses gewaltigen Kraftwerks wurden insgesamt 12,5 Millionen Kubikmeter Beton benötigt. Diese Betonmenge wäre ausreichend, eine Autoahn mit je zwei Fahrbahnen von sieben Metern Breite zwischen Lissabon und Moskau zu bauen (laut Prospekt).

Nachdem wir nach Sao Paulo zurückgekehrt waren, fuhren wir dann in die entgegen gesetzte Richtung nach Rio de Janeiro. Auf der Hinfahrt wählten wir die Küstenstraße mit ihren vielen Kurven und Steigungen, die uns eine wunderbare Aussicht auf das Meer mit seinen unzähligen Inseln und den dazugehörigen weißen Sandstränden bot.

In Rios do Reis wurden zwei Tage Zwischenaufenthalt eingelegt, wo wir eine Inselrundfahrt per Schiff unternahmen. Es ging an 18 Inseln vorbei, dazwischen wurde des öfteren Anker geworfen, so dass die Gäste die Möglichkeit hatten, sich im Meer zu erfrischen – das war ein Vergnügen!

In Rio de Janeiro angekommen, belegten wir das bestellte Hotelzimmer, zwei Straßen vom Meer entfernt. Sodann fuhren wir per Taxi über die weltberühmte Copacabana in Richtung Pao de Acucar (Zuckerhut), der 390 Meter hoch ist. Es ist ein sehr erhebendes Gefühl, von hier oben auf die herrliche Umgebung hinunterzusehen, u. a. auch auf die mit 11 km längste Brücke der Welt. Oder auf den ins Meer hinaus gebaute Flugplatz von Santos Dumont, der sehr frequentiert ist und seit dessen zwanzigjährigem Bestehen noch kein einzige Unfall zu verzeichnen war. Im Höhenrestaurant des Zuckerhutes wurde königlich zu Mittag gespeist. Anschließend fuhren wir per Taxi kreuz und quer durch die schöne Innenstadt Rios, wo es viele sehenswerte Kirchen und öffentliche Gebäude gibt, unserem nächsten Reiseziel entgegen – dem Berg mit der übergroßen Jesus-Statue. Sie steht auf dem 710 Meter hohen Corcovado, einem Bergmassiv, dessen Nam „Der Bucklige“ bedeutet. Mit der Bergbahn fährt man bis unterhalb der Christusstatue, die den Corcovado krönt und zu der man 220 Stufen hinaufsteigen muss.

Die Satue, die Christus als Erlöser darstellt, wurde von dem französischen Bildhauer Paul Laudowski entworfen, unter der Leitung des brasilianischen Ingenieurs H. de Sliva Costa erstellt und nach fünfjähriger Arbeit 1931 eingeweiht. Die Statue ist mit Sockel 38 Meter hoch, 30 Meter breit und wiegt 1150 Tonnen.

Von hier aus sahen wir das weltberühmte Maracana-Fußballstadion, welches 200.000 Zuschauern Platz bietet, die wunderschöne Trabrennbahn, die Copacabana und vieles mehr. Die Aussicht von diesem Blickpunkt ist unbeschreiblich schön, die vielen Buchten Rios, die herrlichen Strände, das blaue Meer – da kann man für kurze Zeit die Wirklichkeit vergessen. Wie sagen die Cariocas (die Einwohner von Rio) in Umwandlung der Schöpfungsgeschichte: Gott habe in sechs Tagen die Welt erschaffen, am siebten Tag aber Rio ....

Auf der Rückreise von Rio nach Sao Paulo fuhren wir die 400 km lange Direktstecke, die 200 km kürzer als die Küstenstraße ist. Die sehr hügelige Landschaft hatte auch hier ihre Reize, manchmal kam sie uns vor wie frisch gemähte Almen, da und dort weideten Pferde und Rinder. In weiterer Entfernung sah man die Berge, die Serra de Monticiera, der höchste Gipfel (Pico Atutiaia) ist 2500 m hoch.

Auf halbem Weg nach Sao Paulo, gerade als das Tal sich zu weiten begann, sahen wir in der Ferne eine große Kirche mit einer Rundkuppel, eine Sehenswürdigkeit, die man in dieser Gegend nie und nimmer vermutet hätte: Es ist die größte Kirche der Welt, eine Nachbildung des Petersdoms in Rom. Wir kamen gerade zurecht zur Segensverteilung der schwarzen Madonna, die hier einmal Wunder gewirkt haben soll. Das imposante Gebäude ist im Rohbau fertig, mit roten Backsteinziegeln gemauert, alles andere in diesem Gotteshaus wird nach und nach verschönert und gestaltet. So wie das Sprichwort sagt: „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.“

Das Land weitete sich, je näher wir de Stadt Sao Paulo kamen, ca. 70 km entlang der Straße sind alle Weltfirmen von Rang und Namen vertreten: Von Liebherr über Baer, Höchst, Philips, Kodak, Panasonic, Singer, SAM .... Es gibt viele bekante Namen für Einkaufszentren und Getränkenamen aller Art, wie Cola, Fanta, Sprite ... Nur Almdudler gab es keinen, drum fuhren wir wieder heim!

In Baiatuba befindet sich das Wochenendhaus unserer Verwandten. Es ist 120 km von Sao Paulo entfernt in Richtung Campinas und Richtung Hauptstadt Brasilia – dorthin führt die ausgebaute Autobahn Brasiliens mit Raststätten, Telefonen und allem, was dazugehört und wo auch Maut erhoben wird.

Hier legen wir eine Woche zur Erholung von den Reisestrapazen ein. Besagtes Wochenendhaus befindet sich in einem seitlich der Hauptstraße gelegenen Camp, das ummauert und von Polizisten bewacht ist. Die Straßen sind weit verzweigt angelegt und führen bei drei künstlich angelegten Seen vorbei, die Straßen säumen wunderschön blühende Bäume, die hierzulande unbekannt sind und die tulpenartigen Blüten tragen.

Eine Parzelle darf nicht kleiner als 5000 qm sein, das Wohnhaus nicht weniger als 200 qm Wohnfläche haben. Blühende Hibiskussträucher umzäunen das Grundstück, wo wir uns im Swimmingpool erfrischten, welcher von Palmen und bunten Sträuchern umgeben war. Der Blick vom Balkon glitt über die Seen bis zum angrenzenden Wald, ein Ort zum Verweilen. Im seitlich gelegenen Nutzgarten gab es außer Weinrauben noch Feigen, Zitronen, Orangen, Mandarinen und Mango, Schabuticaba, Monmom und Chuchu, letzteres gehört in die Suppe und wächst als längliche Frucht auf Bäumen. Der Rasen, der durch den Regen genügend Feuchtigkeit bekam, war immer schön sattgrün – alles in allem eine Oase zum Ausruhen und sich erholen.

Zweimal waren wir einige Tage am Meer in Guoruja in der Nähe von Santos, 70 km von Sao Paulo. Auch dort haben dieselben Verwandten eine Eigentumswohnung in einem Hochhaus im 5. Stock direkt am Meer. Das Wasser ist dort noch ganz in Ordnung, der Sandstrand sauber. Er zieht sich über 700 Kilometer ganz flach dahin mit feinstem weißen Sand, es ist eine wahre Wonne, hier zu baden.

Es gab hier, wie auch andernorts mehrere deutsche Gaststätten und Lokale, die gerne und gut besucht sind, besonders fein waren die frischen Meeresfische. Aber auch über die brasilianische Küche können wir uns nur lobend äußern!

Angefangen bei den sehr reichhaltigen Frühstücksbuffets mit den verschiedenen Südfrüchten und Säften, Gebäck aller Art, Wurst, Käse, Kaffee und Tee, den vielen Vorspeisen zu den Hauptmahlzeiten, wo man sich immer selber nehmen kann, so viel man will, dassele gilt für die Hauptspeise; auch die jeweilige Zusammensetzung der vielen Speisen kann man selber nach Wunsch aussuchen und zusammenstellen. Wie überhaupt das ganze Land Brasilien mitsamt seinen Bewohnern ganz anders ist, als es uns hierzulande die Medien vorzeigen. Wie sagte unaser Verwandter: „Die Europäer glauben immer, in Brasilien gibt es nur Affen und Schlangen.“ – Also wir haben keine gesehen!

Und nun zu unserem zweiten Reiseziel in Brasilien - Entre Rios!

Sogar im Polyglott-Reiseführer steht eine Eintragung über die kleine donauschwäbische Kolonie Entre Rios. Sie lautet: „Rund 300 km westlich von Curitiba liegt Guarapuava mit 120.000 Einwohnern. Von hier sind es nur noch rund 30 km bis zu er westlich der Serra da Esperanca in rund 1200 m Höhe gelegenen und aus fünf Dörfer bestehenden deutschsprchigen Einwandererkolonie Entre Rios (2500 Einwohner), deren Zentralschule – von den Siedlern selbst finanziert – im Hauptdorf Vitoria steht. Die donauschwäbischen Bauern haben sich vor allem auf Getreidebau verlegt, da er sich der besonderen Förderung durch die brasilianische Regierung erfreut. Hauptfrucht Nr. 2 ist die Sojabohne. Schon von weitem sieht man die Lagersilos der größten südamerikanischen Malzfabrik.“

Wer sind nun diese Einwanderer? Es waren dies donauschwäbiche Flüchtlinge, die in Österreich Zwischenaufenthalt genommen hatten und neue und bessere Lebensbedingungen suchen. So waren 1951 nahezu 3000 Personen in den südlichen Teil Brasiliens ausgewandert, um dort eine neue Heimat zu gründen. Da es meist Bauer waren, wollten sie sich auch als solche in ihrer neugewählten Heimat ansässig machen. Die anfänglichen Schwierigkeiten, z.B. Höhenlage auf 1200 m, die ganz andere Bodenbeschaffenheit – der Boden hatte noch nie einen Pflug gesehen und nicht zuletzt die vielen schweren Regenfälle und vieles mehr ließen so manch Familie ihr Vorhaben aufgeben und die Rückreise nach Österreich und Deutschland antreten. Es waren die ähnlichen Verhältnisse, wie sie ihre Vorfahren 300 Jahre zuvor auf der Suche nah besseren Lebensbedingungen kommend aus den damaligen deutschen Landen in der Pannonischen Tiefebene vorgefunden hatten. Weder hier noch dort gab es Straßen, Schulen oder Kirchen, nur Pionierarbeit.

Den Standort, den die Neuankömmlinge in Entre Rios – zu deutsch „Zwischen den Flüssen“ – vorfanden, war zur damaligen Zeit nur auf Erdstraßen zu erreichen, so dass die schweren LKWs, die die einzige Mitfahrgelegenheit boten, bei den vielen und starken Regenfällen oft bis zu den Achsen im Dreck versanken. DA es noch keine Brücke gab, musste auf einem Kahn übersetzt werden. Man konnte nur einmal in der Woche in di 30 km entfernte Kreisstadt Guarapuava zum Einkauf oder zum Arztbesuch fahren.

Für diejenigen Familien, die ausharrten und die ersten schweren Jahre überrückten, hat sich die Mühe allerdings gelohnt, das schwere Anfangslos auf sich zu nehmen. Denn was die 40-Jahr-Jubiläumsfeier ans Tageslicht brachte, ist fast das achte Weltwunder – ohne zu übertreiben. Was diese wenigen Menschen in den vier Jahrzehnten hier geschafft haben, sucht seinesgleichen!

Dabei hatten wir das große Glück, nicht nur vor, sondern auch hinter die Kulissen schauen zu dürfen, denn unsere Verwandten hatten hier gute Bekannte. Die 40-Jahr-Jubiläumsfeierlichkeiten dauerten eine ganze Woche, jeden Tag gab es einen Programmschwerpunkt.

Am Sonntagmorgen wurde das neue Kulturheim eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. Alle Darbietungen wurden von den dort ansässigen Donauschwaben gestaltet und vorbildlich vorgeführt, von den Kleinsen angefangen bis hinzu den Erwachsenen.

In der Schule wird zweisprachig unterrichtet, deutsch und portugiesisch, vom Kindergarten bis zum Gymnasium gibt es sämtliche Schultypen, nur af die Universität müssen die Studenten nach Guarapuava oder Curitiba fahren. Die Schulbibliothek umfasse 8000 Bände.

Es gibt ein eigenes Krankenhaus, eine Kirche, eine zweisprachige Zeitung, einen Radiosender, einen Fußballplatz, einen großen Freizeitpark, ein Einkaufszentrum, ein Gasthaus und einen Souvenirladen – alles in allem ist Entre Rios nun voll erschlossen und kann sich sehen lassen.

Wie sagte der deutsche Abgeordnete aus Baden-Württemberg bei seiner Begrüßungsrede:

Er glaubte sich mitten in Deutschland in einem Erholungszentrum zu befinden, als er diesen Ort betrat.

So ähnlich waren auch die Reden des österreichischen und des Schweizer Abgeordneten – alle diese Länder waren bei der Auswanderung behilflich gewesen und stehen in engem Kontakt zu der neuen Siedlung, die der brasilianische Landwirtschaftsminister als Musterbeispiel für ganz Brasilien vorstellte.