Kerweih in Oberösterreich

Unser Ehrenobmann Bgm. a. D. OSR Hans Holz, erinnert sich: 

Über 1000 deutsche Flüchtlinge bzw. Heimatvertriebene aus dem Banat, der Batschka und Slawonien wurden ab November 1944 nach der Flucht – vielfach mit Ross' und Wagen – der Gemeinde Andorf zur Unterbringung zugeteilt.

Die Notunterkünfte in Gasthäusern, Sommerkellern, in der „Bösbauer-Villa“ und bei bäuerlichen Familien waren bis auf den letzten Platz belegt. Man war froh, das Leben gerettet und ein Dach über dem Kopf zu haben.

Der Lebensalltag nach dem furchtbaren Krieg und der allgemeinen Not in den ersten Nachkriegsjahren war recht und schlecht bewältigt. Man war fürs erste jedenfalls zufrieden, hoffte allerdings auf eine baldige Rückkehr  in die alte Heimat, aber auch auf eine schrittweise Verbesserung des Alltags.

Die Landsleute pflegten vornehmlich den Kontakt in ihren Reihen, erfüllten Gelegenheitsarbeiten bei Bauern, Familie, Betrieben und lebten in den Tag hinein.

Die Jugend pflegte ihr gesellschaftliches Miteinander auf ihre Weise. So wurde ein Jugendchor, eine Volkstanzgruppe und eine Theatergruppe gegründet.

Die Frauen und Mütter betreuten ihren bescheidenen Haushalt und sprachen hauptsächlich über das Leben in der Heimat, die Arbeiten im Jahresablauf und das bäuerliche Brauchtum für Jung und Alt.

So wurde schließlich auch das schönste Fest einer donauschwäbischen Gemeinde, das „Kirchweihfest“ , – gleichsam als Erntedankfest – eingehend besprochen und überlegt, dieses Fest im Zeichen der Lebensrettung und eines friedvollen Miteinanders für die Zukunft zu begehen.

Die Jugend wurde in der Folge informiert und eingeladen, das Fest heimatbezogen mit zu gestalten. Die Formalitäten und die inhaltliche Gestaltung der „Kerweih“ – kurz genannt – wurden besprochen und die Vorbereitungen für den zweiten Sonntag im November terminisiert.  Das Rahmenprogramm wurde zur Kenntnis genommen, und zwar der Kirchgang in heimatlicher Festtracht, die Messe, die Weihe des Kerweih-Straußes, sodann der geschlossene Zug zum „Kerweihplatz“ im Hof der „Villa“. Besonders wichtig, schon Wochen zuvor, war für die Burschen, dem ausgewählten Mädl den Hut zum „Putzen“ zu überbringen. Die Mädchen erfüllten mit Freude diese Liebesbezeugung.

Der „Kerweihut“ wurde im Zeichen der besonderen Aufmerksamkeit und Zuneigung mit „Sträußchen, Röslein und Bändern“ geschmückt. Der Rosmarin-Strauß wurde von der „Kerweih-Mutter“ besonders schön geschmückt. Im deutschen Volksbrauchtum ist der Rosmarin Sinnbild für Liebe und Treue; er wird bei Hochzeiten, Taufen, und heimatlichen Festen gern als Zierde angesteckt.

Die jugendlichen Teilnehmer wählten aus ihren Reihen den 1. und den 2.Geldherrn, die für den Verlauf der „Kerweih“ zuständig waren.

Von rechts: 1.Geldherr Lehrer Hans Holz, Ernsthausen, Kerweihmädl Kirchner Betty, Rudolfsgnad, 2.Geldherr Schneider Wenz, sein Kerweihmädl Kirchner Resi, beide aus Rudolfsgnad.

 

Die Kerweih-Paare in schmucker Tracht mit der Tanzmusi vor dem Kirchgang im Hinterhof der „Bösbauer– Villa“.

Der Kerweih-Zug nach dem Gottesdienst unterwegs zur „Villa“ zur außerkirchlichen Feier mit anschließendem Tanz.

Der 1.Geldherr stieg auf den geschmückten Tisch und begrüßte die Kerweih-Paare und die zahlreichen Landsleute und dankte allen, die ihren Beitrag zu diesem heimatbezogenen Fest in der „Fremde“ geleistet haben. Sodann trug er das Gedicht „Dr Kerweihbu'“ von Josef Gabriel d. Ä. in unserer Mundart gekonnt vor:

 

Gedicht Dr Kerweihbu'

 

 

Schließlich überreichte er den geschmückten „Kerweihstrauß“ dem Versteigerer Niklos Schuber aus Sigmundfeld.

Der Gewinner des Straußes überreichte diesen seiner Auserwählten, die auch mit einem Ehrentanz das Kerweihfest eröffneten.

 

Die „Donauschwäbische Volkstanzgruppe“ aus Andorf erhielt am 4.April 1948 die ehrenvolle Einladung, den „Donauschwäbischen Heimatabend“ im Festspielhaus zu Salzburg mit Szenen aus dem Jahresbrauchtum der Donauschwaben in der alten Heimat zu umrahmen.

Auf dem Bild : die Trachtenbraut Leni Jost (Pill) aus Sigmundfeld und der Bräutigam Hans Holz, Ernsthausen, inmitten der Hochzeitsgäste in donauschwäbischer Tracht.

Nach dem flotten Einmarsch auf die große Bühne des Festspielhauses begrüßte Lehrer Hans Holz die Ehrengäste und die zahlreichen Besucher und widmete allen Gästen das Gedicht „E Schwob is halt debei...“ von Johann Wagner.

 

Gedicht "E Schwob is halt dabei"

nun setzte die Musikkapelle ein und die Vokstanzgruppe zeigte in rhythmischer Vollendung einige Volkstänze, die von den Besuchern begeistert beklatscht wurden.